Interview mit Nils-Peter Czaja

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BEEFHUNTER ZEBULAND TEIL 2: DAS INTERVIEW


Nachfolgend zum „Zebuland-Report“, hier nun das Interview mit Rancher Nils-Peter Czaja. Solltet Ihr im Anschluss noch Fragen haben könnt Ihr diese an mich, oder direkt an Nils stellen. Während unseres Gesprächs saßen wir an einem idyllischen Fleckchen seines Anwesens und ich durfte mich durch die Zebu-Spezialitäten probieren.


BEEFHUNTER: Hallo Nils, wie kamst Du auf die Idee Zebu-Rinder zu züchten? Ich meine, diese Buckelrinder sind eigentlich eher in asiatischen, oder in noch heißeren Gegenden wie Australien, Afrika und Südamerika heimisch. Was hat Dich also veranlasst hier im Randgebiet von Berlin Zebus anzusiedeln?


NILS-PETER CZAJA: Ich bin im Vorstand eines Landschaftspflegevereines. Wir hatten in Zossen eine Fläche, die beweidet werden sollte. Schafe und Ziegen eigneten sich nicht, da diese ständig in der Gegend unterwegs waren. So kamen wir auf Rinder. Ich schlug ein Beweidungsprojekt mit Rinder der Rasse Angus vor. Als ich mit einem interessierten Züchter vor Ort war, winkte dieser auf Grund des mageren Standortes ab. Also recherchierte ich, welche Rinder auf solchen Standorten mit den widrigen Verhältnissen am besten klarkommen würden und diese Recherchen lief auf die Zebus hinaus. Also setzen wir das Beweidungsprojekt so mit Zebusrindern um.


BEEFHUNTER: Wie groß ist Dein Betrieb?


N.-P. CZAJA: Wir bewirtschaften aktuell 130 Hektar Grünland. Davon beweiden wir ca. 45 Hektar mit unseren aktuell 285 Rindern. Auf den anderen Flächen produzieren wir das Winterfutter. Ich bewirtschafte den Betrieb mit einem Freelancer der sich vor allem um die Produktion der Heulage kümmert, die wir bevorzugt verfüttern. Zusätzlich hilft mir an den Wochenenden meine Familie, mein Sohn Tim, meine Tochter Nicola und meine Lebensgefährtin Annett.


BEEHUNTER: Nun, bei der Größe kann man ja nicht mehr von „Liebhaberei“ sprechen. Bist Du Selbstvermarkter, oder arbeitest du mit Großabnehmern zusammen?


N.-P. CZAJA: Nein, mit Liebhaberei im herkömmlichen Sinne hat das nix mehr zu tun. Wir sind inzwischen einer der bedeutendsten Zebu- Zuchtbetriebe in Europa. Die Vermarktung steckt leider immer noch in den Kinderschuhen. Ich wollte mich eigentlich schon längst mehr darauf konzentrieren, aber die täglichen Aufgaben in meinen zwei Betrieben binden mich allzu sehr ein. Aktuell vermarkten wir die Rinder an einige Gastronomiebetriebe, wie die „Goldene Kartoffel“ in Prötzel, oder an spezielle Händler wie „Delikatessen Discounter“, oder „Bio-Lüske“ in Berlin. Wir waren aber in diesem Sommer auch schon einmal eines der Highlights in der Fleischtheke des „KaDeWe“. Aus Nordrhein-Westfalen wurde auch schon Interesse bekundet. Ein großer REWE-Markt würde gerne unsere Wurstprodukte ins Sortiment aufnehmen. Von diesem Kunden sind jetzt sogar „Zebu-Griller“ und Corned Beef in Auftrag gegeben worden. Seit meiner Ausbildung zum Diplom Fleischsommelier werden wir auch international schon ganz gut angefragt. So gibt es zum Beispiel gerade in Südtirol im „Kronenwirt“, in Partschins bei meinem Freund Simon Gamper die „Zebuwochen“ mit Dry aged-Burgern und Steaks aus unserem „WildBeef-Marie“-Programm, in dem wir Tiere bis zu einem Alter von 22 Jahren einstellen. „WildBeef-Marie“ ist unsere Antwort auf den „Alte Kuh-Hype“. Und Markus Mair, der Präsident des ICDF (Internationaler Club der Diplom-Fleischsommeliers) bindet in der Umgebung von Innsbruck unser Fleisch auch bereits in seine Grillkurse ein. Es entwickelt sich also ziemlich gut, aber Großabnehmer kann ich aktuell gar nicht bedienen.


BEEFHUNTER: Was zeichnet den Geschmack und die Qualität von Zeburindern aus? Unterscheidet sich die Zubereitung in irgendeiner Weise vom herkömmlichen Rindfleisch?


N.-P. CZAJA: Das Fleisch unserer Zebus schmeckt außergewöhnlich und setzt sich vom Geschmack gegenüber herkömmlichen Rinderrassen deutlich ab. Kräftig, kernig, aromatisch mit leicht nussigem Buttergeschmack. Von vielen hört man, dass das Fleisch wildähnlich schmeckt. Klar, die Tiere leben ständig auf den Weiden und suchen sich die gleichen Pflanzen und Kräuter als Futter, die auch die Wildtiere bevorzugen. Dazu kommt noch die eher magere, cholesterinarme Muskelstruktur mit wenig eingelagertem Fett. Auch das macht das Zebu dem Wild ähnlich. Es ist wirklich schwierig diesen Rindern eine Fettauflage anzusetzen da die Herde ständig in Bewegung ist. Aber genau das macht ein Zebu halt aus. Hier stimmt einfach alles: hoher Nährwert, der besondere Geschmack, und nicht zuletzt das Tierwohl auf meiner Ranch. Deshalb ist „Zebu“ für mich das Fleisch mit Zukunft. Will man heute für Steaks und Fleischprodukte einen guten Preis erzielen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Regionalität und Nachhaltigkeit werden zum Glück immer mehr gefragt. Das Produkt muss einen hohen Genuss- und Nährwert haben. Das setze ich als Kunde voraus. Und dafür tun wir wahnsinnig viel in der Zebuland-Zucht.


BEEFHUNTER: Wie ist der Werdegang eines Rindes auf Deiner Ranch? Züchtest du alle Tiere selbst, oder kaufst Du Lebendvieh dazu?


N.-P. CZAJA: Wir haben einen ganz eigenen Anspruch an die Fleischqualität unserer Tiere. Entsprechend haben wir aufgehört Zeburinder zuzukaufen um die Herden aufzustocken. Im Fokus unserer Arbeit steht die Erzeugung eines außergewöhnlichen Steaks. Höchste Qualität ist dabei ein absolutes Muss. Das Zwergzebu ist ein teildomestiziertes Wildrind. Sein Adrenalinspiegel liegt dadurch bedeutend höher als der von unseren gängigen europäischen Rassen. Du weißt ja sicher, wie negativ Adrenalin die Fleischqualität beeinflusst. Also haben wir vor einigen Jahren begonnen hier züchterisch Einfluss zu nehmen. Dabei können wir keine Kompromisse mehr eingehen. Es werden somit lediglich gezielt einige wenige Zuchttiere zugekauft. In ganz kleinem Rahmen.


BEEFHUNTER: Erzähle mir bitte etwas über die Haltung Deiner Tiere. Und vor allem: Was bekommen die Rinder gefüttert?


N.-P. CZAJA: Haltungsschwerpunkt ist die Mutterkuhhaltung auf großzügigen Koppeln mit aktuell 4 Mutterkuhherden zwischen 20 bis 40 Tieren. In diesen Herden kommen bevorzugt in den Sommermonaten die Kälber zur Welt. Die Kälber bleiben in unseren Betrieb zwischen 18 bis zu 30 Monaten bei Ihren Mutterkühen in den Herden. Dies ist ganz wichtig für ein harmonisches Aufwachsen der Tiere und für die Harmonie in den Herden. Bei uns gibt es einen Leitspruch: Die Mutterkuh ist das Kraftwerk des Kalbes. Das Zukaufen von Schlachttieren passt nicht in unser Konzept.


BEEFHUNTER: Nach welchen Kriterien suchst du die Schlachttiere aus? Gibt es ein Mindestalter, welches so ein Rind erreichen muss?


N.-P. CZAJA: Zwergzebus wachsen sehr langsam. Vor allem bei den extensiven Haltungsvarianten in unserem Betrieb braucht ein Zwergzebu mindestens 24 eher 36 Monate bis es das Schlachtgewicht erreicht hat. Kälber schlachten wir aus ethischen Gründen gar nicht.


BEEFHUNTER: Der spanische Begriff „Txogitxu“ als Qualitätsbezeichnung für Rindfleisch ist im Moment in vieler Munde. „Txogitxu“ ist keine Rinderrasse, sondern meines Wissens ein Label, der Name einer Metzgerei im Baskenland. Er steht für Rinder, welche erst in hohem Alter geschlachtet werden und einen besonderen Geschmack versprechen. Wie viele Jahre zählt das älteste Tier auf deinem Hof?


N.-P. CZAJA: Wie vorhin bereits kurz erwähnt, bei uns heißen die alten Kühe „ WildBeef-Marie“. Wir haben in den Herden schon noch einige Omas, die inzwischen über 20 Lebensjahre auf ihrem „Rinderbuckel“ haben. Die erste WildBeef-Marie haben wir vor zwei Monaten geschlachtet. Sie war 12 Jahre alt und hat sieben Kälber aufgezogen. Das Fleisch haben sich Freunde aus Österreich geteilt: Tobi Pernter aus Tirol und Ronny Paulusch aus Wien. Bei beiden hatten wir absolut durchschlagenden Erfolg.


BEEFHUNTER: Über 20 Jahre? Na, für deutsche Verhältnisse ist das schon ein erfülltes Rinderleben. Und mit dem „WildBeef-Marie“- Programm liegt Ihr voll im Ernährungstrend. Ich kann mir vorstellen, dass die Nachfrage den tatsächlichen Bestand weit übertrifft. Wie kann Ich mir als Kunde so ein leckeres Stück „Alte Kuh“ bei Dir sichern?


N.-P. CZAJA: Mit viel Geduld und einer Anmeldung auf unserer Warteliste. Aktuell haben wir drei „WildBeef-Marie“-Rinder in der Mast. Die Mast der Marien dauert in der Regel mindestens 12 Monate. Dann musst Du noch die Zeit des Reifeprozesses abwarten. Die Spanier geben ihren Txogitxu für jedes Lebensjahr eine Woche Reifung dazu. Wir haben für uns 6 bis 8 Wochen als maximale Reifezeit festgesetzt.


BEEFHUTER: Du hast mit im Vorfeld zu Deiner Anfrage für den Beefhunter-Besuch ein Bild geschickt an dem ich lange zu rätseln hatte. Das Foto von einem Teilstück, ein Stück Fleisch was ich nicht einordnen konnte. Asche auf mein Haupt — aber das ist der Beweis dass man nie auslernt! Du hast das Rätsel dann aufgelöst: ein Buckelschinken war zu sehen. Was muss sich der Kunde darunter vorstellen?


N.-P. CZAJA: Der Buckel des Zebus ist eines der absoluten Besonderheiten unserer Rinder und natürlich ihr herausragendstes Charakteristikum. Es ist ein Nackenmuskel, der unter idealen Futterbedingungen besonders gut marmoriert sein kann. Es lag nahe etwas Besonderes draus zu machen. Hierzu habe ich mir die Fachkompetenz meines Freundes Diplom Fleischsommelier Ronny Paulusch gesichert, der die Buckelschinken in einem ausgeklügelten Verfahren von Würzen, Pökeln, Reifen und Räuchern und wiederum Reifen produziert. Wichtigste Grundlage neben dem handwerklichen Knowhow ist aber eine hervorragende Fleischqualität. Dafür sind wir bei Zebuland zuständig. Wenn Du mit einem solchen Highend-Produkt antrittst muss einfach alles stimmen. Aussehen, Geschmack, Geruch und Genuss. Das setzt einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren voraus, die Du nur in der freien Weidehaltung erzielen kannst.


BEEFHUNTER: So eine Besonderheit hat bestimmt auch einen Preis. Willst Du ihn mir nennen?


N.-P. CZAJA: Da wir den Buckelschinken auch verkaufen wollen, muss ich den Preis nennen. Wir bieten den Schinken dem Verbraucher aktuell für 53,44 € je 100 Gramm an. Preisschwankungen möglich.


BEEFHUNTER: Okay, 100g nehme ich dir ab, ich muss auf dem Rückweg noch tanken. Nein, ohne Spaß – ich durfte diese Spezialität ja vorab probieren, und ich finde den Preis gerechtfertigt. Das ist schon höchste Qualität, was Ronny Paulusch da hergestellt hat. Man hat den Eindruck der Schinken schmilzt auf der Zunge. Ich persönlich würde nicht einmal Brot dazu reichen. Es ist schon eher wie ein „Opener“ zu sehen, ein Appetizer vor dem Hauptgericht. Aber das ist nur Beefhunters persönliche Meinung, doch egal wie man Buckelschinken genießt — hauchdünn geschnitten schmeckt es am besten.

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